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60 Jahre Internationalisierung: Studienkolleg feiert Geburtstag

19.07.2023

Das Studienkolleg der Hochschule Konstanz feierte im Juli sein 60-jähriges Jubiläum. Als Portal für internationale Studierende der Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) in Baden-Württemberg prüft das Studienkolleg ausländische Bildungsnachweise, überträgt die Qualifikationen ins deutsche Notensystem und führt studienvorbereitende Kurse durch.

Ursprünglich wurden Studienkollegs in den 1960er Jahren im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit ins Leben gerufen. Das Ziel bestand darin, Studierenden aus nichteuropäischen Ländern ein erfolgreiches Studium an deutschen Hochschulen zu ermöglichen, damit sie ihre Expertise anschließend in ihren Heimatländern einsetzen können. Im Laufe der Zeit hat sich der Fokus jedoch vom Aspekt der Entwicklungszusammenarbeit auf den Nutzen für deutsche Unternehmen verschoben, die einen hohen Bedarf an qualifizierten Absolventinnen und Absolventen haben. Untersuchungen zeigen, dass etwas mehr als ein Drittel der internationalen Studierenden nach Abschluss ihres Studiums langfristig in Deutschland bleiben.

„60 Jahre Studienkolleg. Das bedeutet für mich 60 Jahre Brückenbauen; Brücken in das deutsche Bildungssystem, für interkulturellen Austausch und eine inklusive Hochschulkultur“, sagte Gratulant Manfred Schnell im Rahmen der Feierlichkeiten auf dem Campus der HTWG. Als Brücke, als Portal spiele das Studienkolleg eine entscheidende Rolle für internationale Studienbewerber*innen, die den Wunsch haben, in Deutschland zu studieren und sich so eine Zukunft aufzubauen, erklärte der Kanzler der HTWG. Durch gezielte Vorbereitungskurse werden Studierende dabei unterstützt, sprachliche, fachliche und kulturelle Hürden zu überwinden und sich erfolgreich in die deutsche Hochschullandschaft zu integrieren.

Wer wird in das Studienkolleg aufgenommen?

Studierende aus der ganzen Welt können sich um einen Platz in den Kursen des Studienkollegs bewerben. Die Auswahl erfolgt über einen Online-Test, der im Heimatland absolviert werden kann. Im Juni 2023 nahmen 270 Personen aus über 50 Ländern an dem Auswahltest teil. Um die Zuverlässigkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, hat Prof. Dr. Christian Krekeler, seit 2003 Leiter des Studienkollegs, mit seinem Team verschiedene Maßnahmen erarbeitet: „Alle Aufgaben werden so gestaltet, dass KI-Programme keine Unterstützung bieten bzw. dass ihr Einsatz deutlich erkennbar ist. Mit denjenigen, die im schriftlichen Teil gute Ergebnisse erzielen, führen wir zusätzlich ein kurzes Gespräch, um die Plausibilität der Ergebnisse festzustellen."

Die Herkunft der Studierenden im Studienkolleg hängt auch von politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Prof. Dr. Krekeler merkt hierzu an: „Während in den 1980er Jahren viele Studierende aus dem Iran zum Studium nach Deutschland kamen, besteht aktuell eine hohe Nachfrage aus Ländern wie Indien, Marokko oder Indonesien, in denen eine bildungsbewusste Mittelschicht ihre Kinder ins Ausland schickt, da das heimische tertiäre Bildungssystem die gestiegene Nachfrage nach Studienplätzen nicht erfüllen kann. Derzeit bemühen wir uns auch darum, Studieninteressierten aus der Ukraine den Zugang zu einem Studium an einer HAW zu ermöglichen." Anastasia Arslan, die selbst aus der Ukraine stammt und an der Universität Konstanz studiert hat, übernimmt einen großen Teil der Beratungstätigkeiten: „Der Beratungsbedarf ist natürlich hoch, weil ein Auslandsstudium für die meisten Personen aus der Ukraine nicht geplant war. Sie müssen ihre Studien- und Berufspläne nun anpassen.“

Dass die Studierenden im Studienkolleg Herausfordern meistern können und großen Mut beweisen, würdigte auch Manfred Schnell: „Seit sechs Jahrzehnten wagen Studierende den Schritt ins Unbekannte, in eine unbekannte Zukunft zu machen und sich auf einen neuen Weg einzulassen“.

Infrastrukturelle Herausforderungen

Trotz der Qualität der Studiengänge ist die Rekrutierung internationaler Studierender eine Herausforderung. Der Grund dafür sind vor allem infrastrukturelle Probleme. Tanja Räth, Verwaltungsleiterin des Studienkollegs, erläutert: „Besonders Hochschulstandorte wie Konstanz leiden darunter, dass es für Studierende schwierig ist, ein günstiges Zimmer zu finden. Viele von uns ausgewählte Studienbewerberinnen und -bewerber sagen ab, weil sie keine Unterkunft finden. In größeren Städten ist es für Studierende einfacher, ein Zimmer zu finden. Auch Hochschulstandorte im ländlichen Raum bieten mehr Möglichkeiten. In Konstanz sind die Studierenden jedoch auf die Verfügbarkeit von Wohnheimplätzen angewiesen."

Umso mehr dürfen die Studierenden, die sich den Herausforderungen gestellt, Hindernisse überwunden und Ihre akademischen Ziele mit großem Engagement verfolgt haben, stolz auf ihre Leistung sein.

Mehr als Lehrveranstaltungen

„Der unermüdliche Einsatz aller Lehrenden, Professor*innen, Mitarbeiter*innen und Studierenden, ihre Leidenschaft und ihre Begeisterung, haben dazu beigetragen, dass das Studienkolleg zu einer Säule unserer Hochschule geworden ist“, betonte Manfred Schnell in seiner Danksagung zum Jubiläum. Neben der internationalen Lerngemeinschaft auf dem HTWG Campus sollten aber auch die Bereiche Zeugnisanerkennung und Eignungsfeststellung nicht vergessen werden, die vom Studienkolleg nicht nur für die HTWG, sondern für alle HAWs in Baden-Württemberg abgewickelt werden, ergänzte Schnell. Das Studienkolleg leistet eine wesentliche Verwaltungsarbeit, ohne die der interkulturelle Austausch und die Internationalisierung des Standorts Baden-Württemberg nicht möglich wären.

Darüber hinaus ist das Studienkolleg der Hochschule Konstanz maßgeblich an der Einrichtung eines Studienkollegs an den Dualen Hochschulen in Bad Mergentheim beteiligt. Derzeit wird dieses Studienkolleg als Zweigstelle des Konstanzer Kollegs geführt, langfristig soll es jedoch zu einer eigenständigen Einrichtung der Dualen Hochschulen werden. Die Zusammenarbeit bei den Inhalten und der Auswahl der Studierenden soll fortbestehen.

Wir sagen noch einmal herzlichen Glückwunsch und vielen Dank für die Arbeit des Studienkollegs und freuen uns auf viele weitere Jahre für die Internationalisierung der HTWG und der HAWs in Baden-Württemberg.

 

Titelbild: Absolventinnen des Studienkollegs

Fotos: Annabell Heitz